Stellen Sie sich eine Stadt vor, deren halbe Bevölkerung innerhalb von ein paar Jahren stirbt und der Rest in zwei Lager aufgeteilt wird: diejenigen, die auf entlegene Inseln in Quarantänezonen gebracht werden, und jene, die als tödliche Ansteckungsgefahr gesehen werden mussten; genau so sah Venedig während der Zeit der Pest aus. Da zur damaligen Zeit keine wissenschaftliche Erklärung für die Krankheit gegeben oder verstanden werden konnte, lag die einzige Erklärung der Venezianer für deren Ausbruch darin, dass Gott die Stadt und seine Menschen bestrafte. Was sollte also sonst getan werden, als eine Kirche als Friedensangebot und Zeichen kollektiver Reue zu errichten? Genau deshalb wurden die Chiesa del Redentore und diverse andere Gebäude in Venedig, die Christus dem Erlöser gewidmet sind, gebaut. Palladios Redentore, ein majestätisches Beispiel der Architektur der Renaissance, wurde seither zu einem Pilgerziel für all diejenigen, die das Ende der Pest ehren wollten. Bis heute verbindet eine Brücke die Zattere mit dem Kircheneingang auf der Giudecca. Die Festlichkeit hat heutzutage an Religiosität eingebüßt – der ganze Kanal ist voller Boote, Kanus und Yachten, auf denen die Menschen essen, trinken und zu Musik tanzen, bevor sie das mitternächtliche Feuerwerk genießen. Dieses Fest ist wahrlich ein einzigartiges, eindeutig venezianisches Erlebnis.