Dies ist der Campo del Ghetto Nuovo, der Hauptplatz des Judenviertels. Wie viele internationale Wörter, ist auch Ghetto ein venezianisches Wort, das sich von ‚gettare‘ ableitet, was so viel wie „Gusseisen“ bedeutet – schließlich befand sich in diesem Stadtteil im Mittelalter die größte Eisengießerei der Stadt. Das Viertel wurde im frühen 16. Jahrhundert als erstes Ghetto der Welt errichtet und markierte somit auch das erste Mal, dass Juden ihren eigenen Stadtbezirk erhielten. Das Ghetto war vom Rest der Stadt abgeschnitten. Bei Sonnenuntergang wurden seine Tore geschlossen, an denen christliche Wachen, die von den Juden selbstverständlich bezahlt wurden, Wache hielten. Da sie sich nicht über ihre Grenzen hinweg ausbreiten durfte, baute die jüdische Gesellschaft also nach oben, was Sie an den ungewöhnlich hohen Gebäuden dieses Campos feststellen können. Für Venedig stellte das Ghetto eine profitable Einkommensquelle dar, da die Juden horrende Summen bezahlen mussten, nur um in der Stadt bleiben zu dürfen. Selbst in Venedig wurden die Juden leider nicht allzu gut behandelt, doch waren sie hier aufgrund Venedigs Opposition gegenüber religiösen Fanatismus, Hass oder Rassismus dennoch durchaus sicherer als in anderen Teilen Europas. Shakespeare, dessen Kaufmann von Venedig eine der besten Darstellungen der jüdischen Gemeinschaft in Venedig liefert, meinte deshalb tatsächlich zurecht: „der Gewinn und Handel dieser Stadt beruht auf allen Völkern.“